Held werden

Rund 70.000 Mal pro Jahr erleiden Menschen in Deutschland einen Herzstillstand. Viele könnten gerettet werden – wenn ihnen sofort geholfen wird. Also nicht erst, wenn der Notarzt kommt. Die ersten Minuten entscheiden, ob und wie jemand einen Herzstillstand überlebt. Es liegt an Ihnen! Handeln Sie rasch und heldenhaft nach dem Prinzip Prüfen. Rufen. Drücken. Mit einer Herzdruckmassage halten Sie den Kreislauf aufrecht und verhindern so Folgeschäden oder schlimmeres. Wie das geht, zeigen wir Ihnen. In einer kurzen Trainingseinheit.

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Storys

Erzählen Sie uns Ihre Geschichte! Waren Sie schon einmal in einer Notsituation und konnten helfen? Oder haben Sie miterlebt, wie jemandem geholfen wurde? Dann berichten Sie uns davon. Senden Sie uns Ihre Geschichte per E-Mail an ines.kruse@evkmh.de.

Jasmin, 37, aus Mülheim

Privat in so einer Situation zu sein, ist alles andere als Routine.

„Es passierte im Rhein-Ruhr-Zentrum. Mein Mann und ich waren gerade in der Food Lounge, die damals – es war 2015 – noch Festival Garden hieß. Da sah ich, dass eine Frau, gerade mal Anfang 40, auf den Treppen zusammenbrach. Wir sind sofort hin. Ich bin Krankenschwester und mein Mann Feuerwehrmann, daher war es für uns selbstverständlich zu helfen. Es waren bereits andere Menschen bei der Dame, die erste Hilfe leisteten, indem sie ihre Beine hochlegten. Ich erkannte schnell, dass die Frau keine Lebenszeichen mehr zeigte und bat die anderen Helfer, die Beine herunterzunehmen. Zwischenzeitlich krampfte die Dame und es war klar, dass sie einen Herz-Kreislaufstillstand hatte. Mein Mann begann sofort mit der Herzdruckmassage. Zwischendurch atmete die Frau wieder kurz selbstständig, dann setzte das Herz aber wieder aus. Irgendwann kam eine Mitarbeiterin aus dem RRZ mit einem mobilen Defibrillator, die daran auch geschult war. Sie legte der Dame die Pads an und das Gerät startete die Diagnostik. Eine weitere Passantin kam hinzu und sagte, sie sei Ärztin. Sie berührte die Dame in dem Moment, in dem das Gerät den Elektro-Schock ausführen wollte, und konnte von einer anderen Besucherin so gerade noch weggezogen werden. Einige Mitarbeiter hatten Decken gebracht, um die Frau etwas abzuschirmen, denn leider gab es viele Gaffer (es war Samstagmittag).

Der Defibrillator schockte die leblose Frau mehrfach, und dann kamen auch schon der Rettungswagen und die Polizei. Fast zeitgleich tauchte auch der Ehemann der Frau auf, der sie bereits gesucht hatte. Die Passantin, die sich als Ärztin vorgestellt hatte, konnte die Rettungssanitäter unterstützen, indem sie die Frau inturbierte. Im Nachhinein haben wir über Bekannte, die bei der Polizei arbeiten, erfahren, dass die Frau genesen ist und es ihr heute wieder gut geht. Sie litt wohl am Broken-Heart-Syndrom.

Auch wenn mein Mann und ich vom Fach sind: So eine Situation im privaten Alltag zu erleben, ist alles andere als Routine.“

Silke Sauerwein

Ich weiß jetzt: Ich könnte, wenn ich müsste

Silke Sauerwein war im Rhein-Ruhr-Zentrum, als sie Hilfeschreie hörte.

„Wie oft habe ich das gelesen, wie oft habe ich es mich selbst sagen hören: Man muss zur Stelle sein, wenn jemand einen Herzstillstand erleidet, Man muss etwas tun, seine Unsicherheit überwinden, zupacken! Deswegen machen wir ja das Heldentraining. Damit jeder weiß, was im Falle eines Falles zu tun ist. Mein Fall war gestern. Gestern habe ich erfahren, was es bedeutet, trainiert zu sein.

Gestern im Rhein-Ruhr-Zentrum hörte ich auf einmal eine junge Frau nach Hilfe rufen: Ihre Oma war zusammengesackt. Ich eilte in die Richtung, wie vier, fünf weitere Menschen auch. Die Passanten waren bereits dabei, die Frau auf eine Sitzbank zu legen. Als ich nah genug war, sah ich, dass die ältere Dame bei Bewusstsein war und blinzelte. Die Enkelin verständigte gerade den Notarzt. Gut gegangen.

Aber was dieses Erlebnis für mich besonders gemacht hat, war, dass ich während des Laufens bereits alle Punkte des Trainings im Kopf hatte: Prüfen.Rufen.Drücken. Auf den Boden legen, schlägt das Herz noch? Nein. 112 eintippen, auf Lautsprecher stellen, Oberkörper frei machen und dann ... Mein Gehirn zählte schon: Eins, zwei, drei ... Mein eigenes Herz raste vor Aufregung, gleichzeitig fühlte es sich an wie ein Reflex. Es gab keine Fragen. Nur das Wissen und die Sicherheit, was zu tun wäre.

Ich selbst gehöre ja nun zu den Heldenmachern - aus der Verwaltung. Sprich, ich lerne es auch, so wie jeder andere. Viele Trainings habe ich nun hinter mir. Und seit gestern weiß ich, ich könnte und ich würde helfen. Das war ein tolles Gefühl.

Danke an all die Heldenmacher aus Medizin und Pflege, die dafür gesorgt haben, dass ich mich in einer Situation wie gestern sicher fühle.“

Sonja Küpfer 

„Es gab die Option gar nicht, weiterzufahren“

Sonja Küpfer war auf dem Weg zur Arbeit, als sie in eine Situation geriet, die lebensrettende Maßnahmen erforderten.

„Ich war etwas spät dran, weil meine Tochter mich nochmal zurückgerufen hatte, als ich schon auf dem Weg zum Auto war. Im Nachhinein denke ich, das war irgendwie Schicksal. Wäre ich nicht nochmal zurückgekehrt, hätte ich den Unfall überhaupt nicht mitbekommen.“

Was war passiert: Am Autobahnkreuz Düsseldorf-Nord fuhr ein Motorradfahrer von der A44 auf die A52 und wechselte sofort auf die ganz linke Spur. Dabei touchierte er ein Auto, verlor die Kontrolle über sein Motorrad und stürzte auf die linke Fahrspur. Ein Audi A 8 konnte nicht mehr bremsen und überfuhr den jungen Mann.

„Ich war direkt dahinter, bremste und stieg aus dem Wagen. Der Mann war schwerverletzt, lebte aber noch. Ich wählte sofort die 112 und die schickten einen Rettungshubschrauber los. Nach kurzer Prüfung der Vitalzeichen stellte ich fest, dass der Verletzte keinen Herzschlag mehr hatte, so begann ich mit der Reanimation. In der Zwischenzeit kam ein weiterer Mann dazu, der sich als Pfleger auf einer internistischen Intensivstation vorstellte und mit mir im Wechsel die Herzdruckmassage durchführte. Wir hatten bereits zu diesem Zeitpunkt wegen der Schwere der Verletzungen kaum Hoffnung, dass der Mann überleben würde. Aber uns war klar: Wir können nicht einfach nichtstuend daneben stehen und auf den Rettungswagen warten.“

Notarzt und Rettungssanitäter trafen nach etwa 10 Minuten ein und übernahmen die Reanimationsmaßnahmen. Der Hubschrauber brauchte eine gute halbe Stunde, da er aufgrund der Nähe zum Flughafen auf eine Landeerlaubnis warten musste. Der Notarzt vom Hubschrauber führte weitere invasive Maßnahmen durch, die jedoch auch keine Besserung zeigten und entschied dann gemeinsam mit allen Ersthelfern, die lebensrettenden Maßnahmen aufzugeben, da es keine Aussichten auf Erfolg gab.

„Obwohl die Geschichte nicht gut ausging, bin ich froh, dass ich versucht habe dem jungen Mann zu helfen. Die Option, einfach weiterzufahren, wie es die meisten anderen Autofahrer getan haben, gab es für mich nicht. Es sollte für jeden selbstverständlich sein, anzuhalten und in irgendeiner Form zu helfen. Natürlich ist es gut, wenn man die Herzdruckmassage beherrscht. Aber manchmal reicht es schon, wenn man nur ein Tuch hält, um den Verletzten vor Gaffern zu schützen, oder mit den anderen Unfallteilnehmern ins Gespräch geht, um sie in dieser schlimmen Situation nicht allein zu lassen.“ 

Jonas Schibensky, Notarzt:

Erfolgreiche Reanimation im Bestattungsinstitut

Jonas Schibensky (34) arbeitet seit 2017 als Notarzt und hat bereits rund 300 Einsätze hinter sich. Vom Wunsch, Arzt zu werden, bis zu dieser Tätigkeit war es ein weiter Weg. „Ich hatte eigentlich Anderes im Sinn, habe sogar in der Augenheilkunde gearbeitet“. Heute ist er froh darüber, wie es ist. Notarzt, das hat für ihn etwas mit Detektivarbeit zu tun: Was ist eigentlich los? „Das ist die Frage bei jedem Einsatz“, sagt er. Und die Antwort fordert vom Notarzt „viel Können und viel Wissen“, sagt Schibensky, „du lernst jeden Tag dazu.“

Um aber einen Herzstillstand gut zu überwinden, braucht es nicht nur die Fähigkeiten der Profis, sondern auch das Zupacken der Laienhelfer, der Umstehenden. Ein besonders beeindruckendes Beispiel dafür, was die Reanimation durch Laien bewirken kann, hat Schibensky im Dezember 2017 erlebt:

„Es war ein recht ruhiger Vormittag gewesen, als plötzlich der Ruf von der Leitstelle kam:

bewusstlose Person in Bestattungsinstitut. Als wir losfuhren, hatten wir nicht mehr als das. Oft ist es so, dass jemand, der bewusstlos war, schon wieder fit ist, wenn wir ankommen. Dieses Mal war es anders. 

Im Institut angekommen, sahen wir eine offensichtliche Trauergesellschaft. Zwischen Särgen und Urnen lag ein Mann auf dem Boden, vielleicht 70 Jahre alt, dachte ich. Die Rettungssanitäter waren schon da und reanimierten bereits. Was ich da noch nicht wusste: Zuvor schon hatten Umstehende den Kreislauf des Kollabierten durch Herzdruckmassage aufrechterhalten. Meine erste Frage galt wie stets den Umständen, was ist passiert? Dem Mann war unversehens übel geworden, dann war er zusammengebrochen. Zudem hatte er, wie ich erfuhr, Bypässe und Stents, was zusammen mit Alter und Ablauf zumindest den Verdacht auf Herzinfarkt nahelegt. Wir haben dann die Reanimation übernommen. Nach dem zweiten Einsatz eines Defibrillators kam der eigene Kreislauf zurück, sodass der Mann in unser Krankenhaus gebracht werden konnte. Kurz, es war ein Hinterwandinfarkt. Der Verschluss wurde rasch gefunden und wieder geöffnet, keine Stunde, nachdem der Mann einen Herzstillstand erlitten hatte.

Und die Folgen? Oft bekommt ein Notarzt das gar nicht richtig mit, aber bei diesem Mann wollte ich es wissen und habe den Patienten auch besucht. Es ging ihm gut und  Weihnachten war er wieder zu Hause.

Ich kann nur sagen: Dafür bin ich Notarzt geworden, genau dafür mache ich das. Und ohne die Ersthelfer wäre dieses Ergebnis nicht zustande gekommen.

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